Der politische Kommentar zur Finanzkrise: Wo Leistung und Erfolg draufstanden, waren Gier und Pleite drin.

Veröffentlicht am 09.10.2008 in Bundespolitik
Esther Peylo

Von Esther Peylo

Nach dem Motto: „Wer mehr leistet, soll auch mehr verdienen“ wurden Manager in den vergangenen Jahren mit immer höheren Gehältern zu vermeintlichen Höchstleistungen angespornt. Und damit diejenigen, die an der Spitze angekommen sind, in ihren Anstrengungen nicht nachlassen, wurde noch etwas draufgelegt: direkt an den Unternehmenserfolg gekoppelte Aktien oder Zuschläge.

Doch die Rechnung ging nicht auf. Die Interessen der Topmanager waren zu eng verbunden mit jenen der Unternehmenseigentümer – was fatale Folgen hatte. Denn die erfolgsorientierte Bezahlung der Topmanager war eine der Ursachen für die Bankenkrise. Die Interessen von Bankvorständen und Aktionären liegen umso näher beieinander, je größer der Anteil leistungsbezogener Entlohnung ist - und der orientiert sich am Aktienkurs. Um den Kurswert zu steigern, waren Topmanager deshalb bereit, kurzfristig einträgliche, aber auch riskante Geschäfte einzugehen und zum Beispiel Kredite an Schuldner mit niedriger Bonität zu vergeben. Auf diese Weise steigerten sie das Geschäftsvolumen. Für Anleger, die vor allem auf das Wachstum von Unternehmen achteten, war das ein Zeichen zum Kauf der Bankaktie. Was wiederum den Kurswert steigerte, wovon die Vorstände profitierten. "Vergütungs- und Anreizsysteme", räumte kürzlich sogar der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, ein, hätten "Manager ermutigt, exzessive Risiken einzugehen". Denn leider wurde bei diesem System vergessen, neben dem angestrebten steigenden Geschäftsvolumen auch die damit verbundene Häufung von Risiken zu bilanzieren. Sollten Topmanager so etwas nicht leisten können? Belohnt wurde hier nicht die Leistung, sondern die Gier. Für diese Art des kurzfristigen und kurzsichtigen Rechnens muss nun der Preis gezahlt werden. Immerhin will nun auch Josef Ackerman – natürlich nur auf freiwilliger Basis - das Risikomanagement verbessern und betont die Bedeutung einer wirkungsvollen Aufsicht. Doch wie stellt er sich das vor? Die Finanzwirtschaft hat den Karren in den Dreck gefahren und der Staat soll ihn bitte wieder hinausziehen? Es muss klar sein, dass der Staat nicht dafür zuständig ist, in Not geratenen Spekulanten aus der Patsche zu helfen und das finanzielle Risiko auf Kosten der Steuerzahler zu übernehmen. Es war und ist die Grundüberzeugung der SPD, dass der Markt allein nicht in der Lage ist, sich selbst zu steuern. Bisher hält sich die ernsthafte Kooperationsbereitschaft der Banken zur Eindämmung der Krise und grenzüberschreitenden Verbesserung der Aufsicht in Grenzen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor einem Jahr sind gerade mal zwei neue Vorschriften zur Kontrolle der Banken umgesetzt worden (Südwestpresse vom 24.9.08): In Europa gelten seit Jahresanfang die Eigenkapitalrichtlinien „Basel II“. Riskante Kredite müssen danach mit mehr, solide Kredite mit weniger Eigenkapital gesichert werden. Dazu kommt das Verbot von Leerverkäufen, mit denen die Akteure auf fallende Kurse spekulieren und Unternehmen in die Insolvenz stürzen können. Das bedeutet auch, dass Anleger nicht horrende Renditen erwarten dürfen. Nun will die EU-Kommission „Basel II“ weiter verschärfen und die Banken stärker am Risiko beteiligen. Banken, die Kredite verbriefen, in neue Papiere verpacken und diese Papiere weiterverkaufen sollen 10 % der Anleihen behalten (Bundesfinanzminister Peer Steinbrück plädiert für 20 %). Leider weigern sich die USA bisher, „Basel II“ umzusetzen. Wichtig ist jetzt nicht nur die aktuelle Krise zu lösen, sondern auch darüber nachzudenken wie eine solche Krise in Zukunft verhindert werden kann. Peer Steinbrück hat Ende September konkrete Vorschläge gemacht, um den Finanzmarkt zu regeln:
  • Risiken durch Finanzinnovationen dürfen nicht mehr außerhalb der Bilanz platziert werden können. Banken sollen nur Risiken eingehen können, die sie mit ausreichend Eigenkapital unterlegt und in der Bilanz aufgeführt haben. Finanzinnovationen werden so transparent gemacht – auch der Prozess ihrer Entstehung.
  • Höhere Liquiditätsvorsorge bei den Banken.
  • Internationale Standards für eine stärkere persönliche Haftung der verantwortlichen Finanzmarktakteure.
  • Risiko und Rendite müssen enger zusammenhängen, das Streben nach immer höherer Rendite von einem Quartal zum nächsten muss aufhören. Allen Beteiligten muss klar sein, dass sich Renditen von 25 % auf Dauer nicht erzielen lassen, wenn darüber nicht unverhältnismäßig hohe Risiken in Kauf genommen werden oder andere Marktteilnehmer beschädigt werden sollen. Beherrschen lassen sich die entsprechenden Risiken offenkundig nicht.
  • Die Anreiz- und Vergütungssysteme der Banken rufen zur Jagd nach Umsatzvolumen und Renditen auf, ohne die dabei eingegangen Risiken zu berücksichtigen. Das muss sich ändern!
  • Eine deutlich engere Zusammenarbeit zwischen dem Financial Stability Forum und dem Internationalen Währungsfonds ist nötig. Der IWF sollte die Kontrollinstanz für die Einhaltung weltweiter Finanzmarktstandards werden. Hierfür ist der IWF besonders geeignet.
  • Um wieder ein nachhaltiges Risikobewusstsein bei den Banken zu erreichen, sollen Kreditrisiken, die Banken eingehen, von diesen nicht mehr zu 100% verbrieft und damit weitergereicht werden können. Das veräußernde Institut sollte dazu verpflichtet werden, bis zu 20% der eingegangenen Kreditrisiken in den eigenen Büchern zu behalten. Ein solcher Selbstbehalt der Banken kann die gleichen positiven Effekte auf das Risikobewusstsein haben wird wie der Selbstbehalt bei einer Kraftfahrzeug-Versicherung.
  • Alle europäischen Partner müssen sich für eine weitere europäische Harmonisierung der Aufsicht stark machen.
Die Vorschläge zur Vermeidung von Finanzkrisen liegen auf dem Tisch. Nun müssen sie „nur noch“ umgesetzt werden. Jetzt können die Banker zeigen, wie vernünftige Finanzwirtschaft aussehen kann. Esther Peylo, 1.10.2008
 

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