Kreisparteitag der Calwer Kreis-SPD mit dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Claus Schmiedel, MdL

Veröffentlicht am 05.03.2008 in Kreisverband

Zum diesjährigen Kreisparteitag der SPD hatte der Vorstand Claus Schmiedel MdL, den erst seit wenigen Wochen neugewählte Vorsitzende der SPD–Fraktion im Landtag eingeladen. Neben den Delegierten waren auch zahlreiche Mitglieder gekommen, die die Gelegenheit wahrnahmen, den „Neuen“ kennen zu lernen.

Claus Schmiedel sprach zu dem Thema: „ Wohlstand für Alle“. Diese auf Ludwig Erhard zurück gehende Forderung beschreibt Zweck und Ziel einer Marktwirtschaft, die als eine „Soziale“ konzipiert werden sollte, bzw. wurde.

In seinem Vortrag benannte Claus Schmiedel zentrale Problemfelder, in denen ein umgehender Reformbedarf bestünde: „Wenn wir die soziale Marktwirtschaft erhalten und sichern wollen, man kann fast sagen, wieder herstellen wollen, das heißt also ihrem Zweck und Ziel, nämlich „Wohlstand für Alle“ wieder Geltung verschaffen wollen, brauchen wir Reformen: Mindestlöhne, Bildungsaufbruch, Ausbau und Sicherung qualifizierter Berufsausbildung, die Stärkung der Familien und eine soziale Ökologie.“

So sei angesichts explodierender Unternehmensgewinne und ebenso explodierender Vorstandsbezüge, bei gleichzeitigem Lohndumping und daraus resultierender dramatischer Zunahme von sogenannten prekären Arbeitsverhältnissen, die „Soziale Marktwirtschaft“ in Frage gestellt.

Schmiedel: „Wie sozial gerecht geht es bei uns in Wirtschaft und Gesellschaft eigentlich noch zu?“ Dem Thema „Soziale Gerechtigkeit“ müsse man sich stellen, allen voran die Sozialdemokratie. Das hieße nicht eine Abkehr von der Agenda 2010, die Ziel führenden Maßnahmen sollen ja beibehalten werden. So sei es mit der Agenda z.B. gelungen die Sockel- und Altersarbeitslosigkeit abzubauen.

KReiskonferenz

Das hieße aber nicht, dass man jetzt zulassen müsse, dass Deutschland zu einem Niedriglohnland mit Dumpinglöhnen verkomme. Derzeit arbeiteten ca. vier Millionen Menschen zu einem Lohn von unter 7.50 Euro die Stunde. Damit sei eine auskömmliche Existenzsicherung nicht möglich. Gerechter Lohn für gute Arbeit heißt aber, dass die Entgelte den Lebensunterhalt für die Beschäftigten und ihre Familien sichern müssten.

Daher sei ein gesetzlicher Mindestlohn unerlässlich. Gleichzeitig müsse sicher gestellt werden, dass Leiharbeiter für gleiche Arbeit gleichen Lohn einschließlich Sonderzahlungen und Prämien wie Festangestellte bekämen. Gerade durch die ausufernde Leiharbeit werde dem Lohndumping Vorschub geleistet. Ein zur Flexibilisierung gedachtes Instrument werde von den Betrieben missbraucht, um die Löhne zu drücken, dies müsse bekämpft werden. In diese Richtung helfe es, wenn die öffentliche Hand ihre Aufträge nur an Betriebe vergeben würde, die Tariftreue zusicherten. Einer entsprechenden Verordnung hätte sich die Regierung Öttinger bisher aber verweigert.

Dringend erforderlich sei eine andere Bildungspolitik. In einer Wissensgesellschaft hingen zum einen die individuellen Lebenschancen, aber auch die wirtschaftlichen Zukunftschancen unseres Landes d.h. „Wohlstand für Alle“ von der Qualität von Bildung und Ausbildung ab. In keinem andern Land seien Bildungschancen und Herkunft so eng verknüpft wie in Deutschland und dadurch jungen Menschen die Teilhabe von vorn herein verwehrt. Vor allem Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien und Familien mit Migrationshintergrund würden Lebenschancen genommen.
Aber auch dringend benötigtes Begabungspotenzial werde zum Schaden von Wirtschaft und Gesellschaft dadurch nicht genutzt.

Deshalb seien Bildungsreformen dringend nötig. Um die Abhängigkeit von Herkunft und Bildungschancen aufzulösen, brauche es eine Stärkung der frühkindlichen Bildung, mit Schwerpunkt Sprachförderung. Weiter müsse die frühe Auslese durch längeres gemeinsames Lernen bis zum zehnten Schuljahr ersetzt werden. Die Ganztagsbetreuung müsse ausgebaut, Ganztagsschulen verbindlich werden.

Dieser von der SPD geforderte Bildungsaufbruch sei auch ohne formale Reformen schon in vollem Gange. Aus dem ganzen Land kämen täglich Anträge von den verschiedensten Initiativen, die alle ein Ziel hätten: Jetzt anfangen Rahmenbedingungen für Bildung und Schulen verbessern. Überall diskutierten Lehrer und Eltern, Schüler und Schülerinnen über Unterricht und besseres Lernen. Selbst die CDU bewege sich, übernehme Argumente der SPD, auch wenn formal mit Zähnen und Klauen am dreigliedrigen Schulsystem festgehalten würde.

Eine weitere Reformbaustelle sei der Mangel an Ausbildungsplätzen. Alle Appelle an die Wirtschaft, diese durch freiwillige Verpflichtung in ausreichender Zahl bereit zu stellen, hätten nichts bewirkt. Aber ohne qualifizierte Berufsausbildung ginge auf dem heutigen Arbeitsmarkt fast nichts mehr. Also auch hier das bekannte Problem. Einerseits würden individuelle Lebenschancen durch vorprogrammierte Arbeitslosigkeit gefährdet, aber auch die wirtschaftliche Zukunft des Landes angesichts eines jetzt schon vorhandenen und zunehmenden eklatanten Fachkräftemangels.

2006/7 sei die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen bei fast 90000 gelegen, wovon über 40 Prozent Altbewerber gewesen seien, junge Menschen die schon früher keinen Ausbildungsplatz bekommen hätten und sich seitdem in „Warteschleifen“, z.B. dem Berufsvorbereitungsjahr befunden hätten.

Zur Lösung dieses Problems habe die Landes–SPD einen Forderungskatalog erarbeitet. Insbesondere wolle man, statt Jugendliche in Warteschleifen zu finanzieren, Gelder u.a. aus dem Überschuss der Bundesargentur für Arbeit , zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze verwenden, da die „Bugwelle“ der AltbewerberInnen unbedingt abgebaut werden müsse. Durch die Anwendung des Berufsbildungsgesetzes, das unter der Regierung Schröder entsprechen geändert worden sei, könne Berufsausbildung auch unabhängig von privaten Ausbildungsbetrieben organisiert werden.

Schmiedel

„Wohlstand für Alle“ beinhalte auch, dass Familien gestärkt würden. Kindererziehung sei eine für die ganze Gesellschaft wichtige Aufgabe, die auch mit erheblichen finanziellen Lasten verbunden sei. Ein fairer Ausgleich, zumal Familien mit Kindern ein wesentlich höheres Armutsrisiko trügen, sei unerlässlich. Zwar seien die Transferleistungen in Deutschland mit die höchsten, aber die Zuweisungen innerhalb des Transfers müssten überprüft werden.

Von einem Ausspielen der Leistungen für Familien gegen die sogenannte Infrastruktur für Familien, also Betreuungseinrichtungen halte er gar nichts so Claus Schmiedel ausdrücklich. Krippen und Kindergärten sein Einrichtungen, in denen Kinder nicht nur verwahrt würden, sondern wo auch frühkindliche Bildung, Spracherziehung und Schulvorbereitung statt fände und dies sei ein Anliegen und zum Nutzen der ganzen Gesellschaft.

„Wohlstand für Alle“ bedeute auch, dass für nachfolgende Generationen noch etwas übrig und die Umwelt lebensfähig bliebe. So wie der Markt für Soziales blind sei und deshalb immer ein Gegensteuern nötig sei, träfe dies auch auf die Ökologie zu. In der Industriegesellschaft sei deshalb ein Umsteuern zu regenerativen Energien unerlässlich. Angesichts des drohenden Klimawandels sei der Erhalt einer lebensfähigen Umwelt für unsere Kinder anders nicht möglich.

Der jetzt wieder in die Energiedebatte gebrachte Ausstieg aus dem Atomausstieg sei keine Lösung. Die Atomkraft selbst berge unbeherrschbare Gefahren. Die Frage der Entsorgung von Atommüll, von stillgelegten Kraftwerken, von der sogenannten Endlagerung sein nicht gelöst. Davon abgesehen koste dies so viel, dass die Atomenergie wesentlich teurer käme, als die sogenannten alternativen. Deshalb müsse am Atomausstieg unbedingt festgehalten werden.

Im Anschluss an Schmiedels Ausführungen wurde engagiert diskutiert und verschiedene Aspekte ergänzt und beleuchtet.

Weitere Tageordnungspunkte der Hauptversammlung

Weitere Tagesordnungspunkte auf der Hauptversammlung waren die Berichte des Kreisvorsitzenden und des Kassierers. Nach der Bestätigung der korrekten Kassenführung durch die Kassenrevisoren, wurde Kassierer Helmut Andreä ohne Gegenstimme entlastet.

Die Berichte der Arbeitsgemeinschaften und ein Kurzbericht zur Kampagne „Gute Arbeit“ von Renate Gradistanac MdB schlossen sich an.
Alle Berichte sind auf der Homepage nach zu lesen.

Verabschiedung der Resolution

Auf Antrag des Kreisvorstandes wurde sein vorgelegtes Papier zur Situation der Erziehungsberatung im Kreis Calw diskutiert und als Resolution verabschiedet. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Teilnehmer einhellig die Meinung des Kreisvorstandes teilen, dass die Anzahl der Erziehungsberatungsstellen absolut ungenügend und eine Aufstockung der Stellen dringend notwendig sei. Folglich wurde die Resolution einstimmig verabschiedet.

Gradistanac_Schmiedel

Schmiedel plädiert für unaufgeregten Umgang mit der Links-Partei

Bei der Frage einer Zusammenarbeit mit der Linken, gehe es nicht um einen Richtungsstreit in der SPD, so Schmiedel, der bei der Hauptversammlung der Calwer SPD aus aktuellem Anlass Stellung nahm. Sondern darum, wie in einer sich wandelnden Parteienlandschaft hin zu einem Fünf-Parteien-System sozialdemokratische Ziele am besten durchgesetzt werden können.

Während sich die CDU den Grünen öffne und damit ihre Optionen erweitere
(nebenbei bemerkt sein die Grünen in ihren Anfängen von der CDU ähnlich vehement bekämpft worden wie jetzt die Linken), würde die Festlegung: „Nie mit den Linken“ die SPD in ihren politischen Optionen unnötig einschränken. Möglicherweise würden der SPD auf absehbare Zeit dann nur zwei Alternativen bleiben: Immer Juniorpartner in einer Großen Koalition oder immer in der Opposition. Beides sei wenig attraktiv.

Deshalb plädiere er für einen unaufgeregten Umgang mit den Linken. Eine Zusammenarbeit sei möglich, müsse aber einer entsprechenden Überprüfung standhalten, wenn es der Durchsetzung sozialdemokratischer Ziele diene.
Zum Beispiel habe die Linke im Berliner Koalitionsvertrag mit der SPD der Bündnistreue, der Mitgliedschaft in der EU und der Nato, ebenso wie den Friedenseinsätzen zugestimmt.

 

Homepage SPD Kreis Calw

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