Der politische Kommentar: Innovation und Tourismus – die Standbeine unserer regionalen Wirtschaft im Nordschwarzwald.

Veröffentlicht am 09.10.2008 in Bundespolitik
Saskia Esken

Von Saskia Esken

Zwei dicke Pfründe besitzt die regionale Wirtschaft im Nordschwarzwald: den technologischen Vorsprung und die unternehmerische Führung unserer innovativen mittelständischen Unternehmen und den Erholungswert unserer Natur mit der dazugehörigen touristischen Infrastruktur. Beide Bereiche sind mittelständisch geprägt und haben dabei eine hohe regionalwirtschaftliche Bedeutung.

Einige herausragende Merkmale haben diese Branchen gemeinsam. Diese verbindenden Elemente müssen in ihrer regionalen Relevanz ins Bewußtsein von Politik und Bevölkerung gerückt werden, Synergien könnten genutzt und weitere Wachstumspotenziale ausgeschöpft werden.

Mit einem Jahresumsatz von über 50 Mrd. Euro ist das Gastgewerbe ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Deutschland. 12% der privaten Konsumausgaben, das sind 135 Mrd. Euro, gehen in den tourismus-bezogenen Inlandskonsum, 23 Mrd. Euro werden zusätzlich in Geschäftsreisen investiert.

Allein im Schwarzwald werden im Tourismus jährlich fast 6 Mrd. Euro erwirtschaftet. Zwar wird den Übernachtungen ein Wachstumspotenzial von 4% jährlich vor allem beim Städtetourismus und den ausländischen Gäste zugetraut. Immerhin die Hälfte des Umsatzes im Schwarzwald wird aber in der Naherholung gemacht.

Unsere innovativen und erfolgreichen „Tüfteles“-Unternehmer im Schwarzwald kennen und pflegen ihre Standbeine im Export und bei den Inlandsinvestitionen. Was kann die Tourismusbranche von diesen Unternehmern lernen?

1. Die Orientierung an den Kundenwünschen

Zielgruppengenaue Angebote für Reise- und Erlebniskonsumenten müssen ebenso entwickelt werden wie für die immer größer werdende Zahl der Sparkonsumenten:

- Angebote für die „Best Agers“ (Generation 50+)
Die zahlungskräftigste und mobilste Zielgruppe, die Rolling-Stones-Generation, sucht Erholung, Gesundheit und Wellness im Schwarzwald. Ihre kulturellen Ansprüche unterscheiden sich aber von denen der Senioren.

- Angebote für Senioren
Die Senioren bleiben auch durch ihre Urlaubszieltreue eine feste Größe im Schwarzwaldtourismus. Der demografische Wandel tut ein Übriges, so dass das Durchschnittsalter der Gäste auch im Schwarzwald immer weiter ansteigt. Auf die besonderen Bedürfnisse der älteren Gäste muss eingegangen werden. Unabdingbar ist dabei die Entwicklung zur Barrierefreiheit.

- Angebote für einkommensschwache Familien mit Kindern
Die Politik muss die Bedeutung einer Auszeit und Erholung gerade auch für einkommensschwache Familien verstehen und fördern. Ein betreutes kommunales Kinderferienprogramm ist ebenso Tourismusförderung wie die Unterstützung von Familienerholungsstätten wie z.B. von Jugendherbergen.

- Sanfter Tourismus, besonders der Radtourismus, wächst überdurchschnittlich. Hier brauchen wir regionale Konzepte für die Vermarktung ganz aktuell z.B. für den Ausbau des Nagoldtag-Radwegs. Im Rahmen der KONUS-Karte muss die kostenlose Rad-Mitnahme in Bussen und Bahnen ermöglicht werden. Auch der Wanderurlaub will entstaubt werden, moderne und innovative Ideen sind gefragt: begleitete Touren, Wanderguides, GPS-Geräteverleih und –programmierung, Gepäcktransport, Gourmet-Routen, Wellness-Routen, ... der Wanderhimmel in Baiersbronn macht es vor.

- Der Barrierefreiheit im Tourismus wird eine Netto-Umsatzsteigerung von 4,8 Mrd. Euro und ein Potential von 90.000 zusätzlichen Vollzeitarbeitsplätzen vorhergesagt. Einer Untersuchung zufolge ist dabei die Barrierefreiheit für 10% der Menschen in Deutschland unabdingbar für die Wahl eines Urlaubsziels, für 30% wäre sie hilfreich. Für uns alle wäre also Barrierefreiheit ein 100%er Gewinn!

2. Die Notwendigkeit von Qualitätsmanagement
Erfolgreiche Unternehmen betreiben aus eigenem Antrieb ein stetiges und nachhaltiges Qualitätsmanagement. Keine Marketing-Investition kann den Schaden eines vom Kunden einmal entdeckten Qualitätsmangels ausmerzen. Auch Mängel in der lokalen Infrastruktur können durch das Qualitätsmanagement aufgedeckt und kommuniziert werden.

3. Die hohen Ansprüche an die lokale Infrastruktur

Damit unsere Gäste nicht das Gefühl bekommen, der Schwarzwald sterbe aus, sind Investitionen in die Infrastruktur auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung und zurückgehender Bevölkerungszahlen unvermindert notwendig. In der Region sind innovative und unkomplizierte Nahverkehrskonzepte wie der im Calwer Kreistag vorgeschlagene Stundentakt für jeden Ort gefragt, so können wir auf die Bedürfnisse von Bevölkerung und Gästen eingehen und den Klimaschutz befördern.

4. Das Augenmerk für den regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt

- Arbeitsmarkt Tourismus

2,8 Mio. Beschäftigte arbeiten im Tourismus, das sind 8% der Gesamtbeschäftigung und damit mehr als Elektro- und Automobilindustrie und Baugewerbe zusammen! Gerade im Gastgewerbe gibt es aber viel weit unter einem Mindestlohn bezahlte, befristete Beschäftigung unter schwierigsten Arbeitsbedingungen. Bei der Sicherung der Qualität kommt es hier aber wie in keiner anderen Branche auf die Qualität des Personals und seiner Leistungen an. Die Qualität einer Dienstleistung hängt dabei in hohem Maße ab von der Wertschätzung dessen, der den Dienst erbringt.

Die Vereinigung der Hoteldirektoren hat Investitionen in außertarifliche Entlohnung, Bonussysteme, Weiterbildungsangebote und in das Betriebsklima angekündigt. Zur nachhaltigen Behebung des Fachkräftemangels, der bei der Mehrzahl der Betriebe schon zu deutlichen Umsatzeinbußen führt, braucht es einfach mehr Auszubildung!

- Ausbildungsmarkt Tourismus

Dabei bietet die Touristik in Deutschland schon 100.000 Ausbildungsplätze in den zwölf touristischen Ausbildungsberufen an, das sind 7% aller Ausbildungsplätze überhaupt. Bei einem Anteil von 8% an der Beschäftigung gibt es hier aber noch ein Wachstumspotenzial. Dabei muss der Schutz der Jugendlichen im Arbeitsschutz unverändert bestehen bleiben, Jugendliche dürfen auch weiterhin nicht länger als bis 22 Uhr arbeiten!

5. Lokale Synergien nutzen

So wie industrielle Arbeitgeber im Schwarzwald mit dem Wahlspruch „Da arbeiten, wo andere Urlaub machen“ um qualifiziertes Personal werben und damit die Pfründe der Naturschönheit des Schwarzwalds ebenso wie seine touristische Infrastruktur ausnutzen, so kann auch der Tourismus die Pfründe unserer innovativen Unternehmen und deren Technologievorsprung für sich zu nutzen wissen.

Einen interessanten Ansatz dazu bietet die neue Konzeption des Regionalverbands Nordschwarzwald für Wirtschafts- und Tourismusförderung nach dem Motto „Touristik trifft Technik - Natur trifft Innovation“

Hier sollen z.B. auf touristischen Routen die erneuerbaren Energien erlebbar gemacht werden, nicht nur auf Lehrtafeln und Schaubildern, sondern vor allem im Einsatz bei der Energieerzeugung und in den Unternehmen. Eine super Idee, die ich gerne in die touristisch orientierten Kommunen der Region tragen will.

Saskia Esken

Oktober 2008

 

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